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Nachhaltiger AlltagEnergiewissenWindräder bei Sturm: Wie Unwetter die Energieerzeugung beeinflussen

Windräder bei Sturm: Wie Unwetter die Energieerzeugung beeinflussen

Stürmisch wie lange nicht mehr waren die drei Monate Dezember 2021 sowie Januar und Februar 2022 mit insgesamt acht Stürmen und einer Windgeschwindigkeit von bis zu 149 km/h. Konnten wir damit mehr Strom aus erneuerbaren Energien in das Stromnetz einspeisen? Und inwieweit gefährden Orkantiefs und starke Sturmböen die Stromerzeugung per Windrad? Wie werden die Windräder bei Sturm vor Schäden geschützt? All diese Fragen wollen wir im Interview mit Tobias Reinecke, Technischem Betriebsführer und Projektingenieur bei Green Planet Energy, erörtern.

Frage: Kerstin Andreae, die Vorsitzende des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, zieht das Fazit, dass „Windenergieanlagen im Februar in etwa so viel Strom erzeugt haben, wie sieben Millionen Haushalte in einem ganzen Jahr verbrauchen.“ Können wir einen entsprechenden Anstieg der Stromerzeugung auch bei den von Green Planet Energy betriebenen Windkraftanlagen beobachten?

Tobias Reinecke: Ja, das ist absolut so, auch wir können einen starken Anstieg der Stromerzeugung aus unseren Windkraftanlagen sehen. Wir haben im Februar diesen Jahres 40 Prozent mehr Strom durch Windkraftlagen erzeugt als in unseren Prognosen erwartet.

Abschaltung von Windkraftanlagen bei Sturm

Auch wenn das stürmische Wetter der vergangenen Monate für einen neuen Rekord in der Stromerzeugung aus Windenergie gesorgt hat: klar ist, dass die vermehrt vorkommenden Extremwetterlagen Folge der Klimakrise sind. Wie sehen denn die konkreten Bestimmungen aus – muss ein Windrad denn ab einer bestimmten Windstärke außer Betrieb genommen werden?

Tobias Reinecke: Ja, Windräder müssen auf jeden Fall ab einer bestimmten Windstärke außer Betrieb genommen werden. Die meisten Windenergieanlagen werden bei einer Windgeschwindigkeit von ca. 25 m/s abgeschaltet, das entspricht schweren Stürmen mit Windstärken von um die 10 Beaufort. Das Windrad misst selbst die Windgeschwindigkeit und schaltet sich ab etwa 25 m/s von selbst ab, das ist sozusagen ein selbstschützender automatisierter Prozess. Dabei drehen sich die Rotorblätter aus dem Wind und nehmen die sogenannte Fahnenstellung ein. In dieser Position zieht der Wind nur noch an ihnen vorbei und treibt den Rotor nicht mehr an.

Tobias Reinecke, Technischer Betriebsführer und Projektingenieur bei Green Planet Energy Foto: Christine Lutz

Wodurch sind Windräder gegen Extremwetterlagen wie zu starke Windböen, Schneemassen, Sturm und Hagel gewappnet?

Tobias Reinecke: Schneemassen und Hagel sind nicht so das Thema, weil Windräder keine große oder empfindliche Fläche besitzen, auf denen Schneemassen liegen bleiben oder die durch Hagel beschädigt werden könnten. Hier ist die wichtigste Maßnahme, dass die Windenergieanlagen unabhängig von Extremwetterlagen und externer Stromversorgung immer ihre Blätter aus dem Wind fahren können. Jede Anlage besitzt dafür Akkus, um ihre eigene Notversorgung zu gewährleisten.

Windräder bei Sturmböen unter der Abschaltgrenze am stärksten gefährdet

Lässt sich die Gefahr eines Sturmschadens an der Windkraftanlage abschätzen? Wo liegen die größten Risiken?

Tobias Reinecke: Sturmschäden an Anlagen passieren tatsächlich relativ häufig. Wenn die Anlage aufgrund eines Sturms abgeschaltet wird, sind Sturmschäden unwahrscheinlich. Wenn sie jedoch unterhalb der Abschaltgeschwindigkeit unter Volllast läuft, ist die Belastung für die Anlagentechnik auch am höchsten. Dann kann es bei Starkwindlagen häufiger zu internen Schäden an der Anlagentechnik kommen, die jedoch meist schnell von unseren Servicepartnern behoben werden können.

Was bedeutet es für die regionale Stromversorgung, wenn ein ganzer Windpark wegen eines starken Sturms stillgelegt wird?

Tobias Reinecke: Das ist tatsächlich in diesem Moment relativ unkritisch, weil regional der Wind nicht überall gleich stark sein wird. Bei Windparks gleicht sich das gut aus. Beispielsweise werden an der Küste die Windanlagen zuerst abgeschaltet, weil dort der Wind am stärksten ist, während die Anlagen im Hinterland weiterlaufen und damit weiter zuverlässig Strom erzeugen können. Generell wird bei Starkwind in den Anlagen eher zu viel Strom produziert, so dass die Herausforderung im „Abtransport“, der Verteilung der anfallenden Strommengen besteht.

Was kann getan werden, um besser auf Windstürme wie jene der vergangenen Monate vorbereitet zu sein?

Tobias Reinecke: Die tatsächliche Instandsetzung unserer Windanlagen wird durch spezialisierte Serviceunternehmen durchgeführt. Die haben richtig viel zu tun, wenn es Starkwindphasen gibt. Gerade in akuten Situationen sind unsere Servicepartner:innen sehr gut aufgestellt und können bei Starkwindereignissen sehr zuverlässig reagieren.