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Klima schützenKundenporträtsnimm´s lose – 1 Jahr unverpackt Einkaufen in Rosenheim

nimm´s lose – 1 Jahr unverpackt Einkaufen in Rosenheim

Unverpackt Einkaufen – für viele ist das der Trend der Stunde, doch es steckt noch wesentlich mehr dahinter. Nicht nur in den deutschen Großstädten, auch in immer mehr kleineren Städten eröffnen Supermärkte, die dem Verpackungsmüll den Kampf ansagen. Mit dabei: unser Kunde nimm´s lose aus Rosenheim. Anlässlich ihres ersten Geburtstags haben wir mit Gründer Christian Stibane gesprochen.

Mit nimm´s lose machen es Alexandra und Christian Stibane seit einem Jahr auch in Rosenheim möglich, verpackungsfrei einzukaufen. Als Eltern von zwei kleinen Jungs verstehen sie sich als Überzeugungstäter: Von Plastikflut, Lebensmittelverschwendung und unethischen Produktionsbedingungen halten sie nichts – dafür aber umso mehr von losen, leckeren Lebensmitteln, regionalen Lieferketten und Bioqualität zu bezahlbaren Preisen.

Ihr Ziel: Mit ihrem Laden die Zero-Waste-Philosophie für möglichst viele Leute zugänglich zu machen, regionale Erzeuger einzubinden und biologische Produkte für einen fairen Preis anzubieten. Wir haben uns mit Christian Stibane über ihr erstes Jahr als Ladner unterhalten und ein leckeres Rezept hat uns der passionierte Koch auch verraten.

Greenpeace Energy: Lieber Christian, erst einmal Dir und Deiner Frau Alexandra herzlichen Glückwunsch zum ersten Geburtstag. Im Juni letzten Jahres seid Ihr mit Eurem Unverpackt Laden nimm´s lose an den Start gegangen. Wir können uns vorstellen, dass das vergangene Jahr sehr aufregend für Euch war. Wir habt Ihr dies erlebt?

Feiern ein Jahr unverpackt: Christian und Alexandra Stibane (Foto: nimm´s lose)

Christian Stibane: Vielen Dank für die Glückwünsche! Als erstes sind wir natürlich schon stolz darauf, ein Jahr geschafft zu haben und zu sehen, dass sich immer mehr Menschen sowohl mit der Thematik des Plastikverbrauchs, der Lebensmittelverschwendung und der Herkunft der Produkte auseinandersetzen, als auch mit Aspekten wie Arbeitsweisen und Tierwohl.
Jeder einzelne Tag war aufregend, angefangen mit der Eröffnung. Wir konnten natürlich nur hoffen, dass wir im Vorfeld genug auf uns aufmerksam gemacht haben und wir nicht allein dastehen. Am Ende war es ein erfolgreicher Einstieg! Aber natürlich gab es Höhen und Tiefen. Tage an denen es besser lief als an anderen. Aber wir haben uns immer bestätigt gefühlt in dem was wir tun.

GPE: Bevor Ihr Euren Laden eröffnet habt, habt Ihr beide als Fotografin, bzw. Fotograf in München gelebt und gearbeitet. Da ist der Weg zu einem eigenen Unverpackt Laden in Rosenheim auf den ersten Blick ja nicht ganz so naheliegend. Was hat Euch dazu bewegt, in dieses Abenteuer zu starten? Und warum ausgerechnet Rosenheim?

Christian: Wir haben uns einfach immer mehr damit beschäftigt, welche Lebensmittel wir zu uns nehmen, wo sie herkommen, wie sie produziert werden und dann natürlich auch ob und wie sie verpackt sind. Als wir dann eine eigene Familie gegründet haben, spielten natürlich auch die nachfolgenden Generationen eine große Rolle. Was leben wir vor und was möchten wir hinterlassen.
Der Standort Rosenheim war eine recht einfache Entscheidung. Wir lebten bereits im Landkreis und wollten nicht wieder in die Großstadt zurück. Das Einzugsgebiet ist sehr groß, aber es gab einfach keine entsprechende Einkaufsmöglichkeit in der Innenstadt. Unsere jetzige Lage ist prima, viele Menschen können uns aufgrund der Wohnlage zu Fuß oder mit dem Rad erreichen.

Es fehlt nicht nur der Müll, es sieht auch noch schick aus. (Foto: Nimm´s lose)

GPE: Nur wenige Monate nach Eurer Eröffnung wurdet Ihr bereits zum „besten Bio-Laden“ Rosenheims gewählt. Euer Konzept kommt offensichtlich an. Neben dem Verzicht auf Plastikverpackung setzt Ihr auf regionale und Bio-Produkte. Woher bezieht ihr diese?

Christian: Die Recherche nach regionalen Produzenten macht den größten Teil unserer Arbeit abseits des täglichen Ladengeschäftes aus.
Wir haben einen Gemüsebauern aus Kolbermoor, all unser Getreide und Mehl beziehen wir aus dem Chiemgau, Milchprodukte sind ebenfalls regional, unsere Eier aus Adelsried, der Honig aus Haag in Oberbayern, um nur einiges zu nennen. Dabei legen wir viel Wert darauf, direkt bei den Erzeugern einzukaufen und möglichst keine Zwischenhändler zu haben. So wissen wir ganz genau woher unsere Produkte kommen.

GPE: Das Prinzip „unverpackt einkaufen“ wird immer populärer – nicht zuletzt aufgrund der erschreckenden Bildern der Massen von Plastikmüll in unseren Meeren. Neben vielen Verbrauchern, die die Nase von dem Verpackungsirrsinn voll haben, fangen nun auch endlich Politik und Großkonzerne an, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Wie nehmt Ihr diese Entwicklung wahr?

Christian: Natürlich freuen wir uns über jede sinnvolle politische Entscheidung im Sinne des Umweltschutzes und des Tierwohls. Wobei man einfach das Gefühl nicht los wird, dass alles viel zu lange dauert und manchmal nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Insbesondere, da es um ein Problem geht, das nicht erst seit gestern besteht.
Daher können auch wir immer nur an das eigene Gewissen appellieren. Es ist eine Sache der Einstellung und jeder kann selbst etwas für das gute Gewissen tun, ohne sich etwas vorzuwerfen.

GPE: Was muss Eurer Meinung nach ganz konkret unternommen werden – von der Gründung eines eigenen Unverpackt Ladens mal abgesehen –, um diesem Problem beizukommen?

Christian: Es sind eigentlich ganz kleine Dinge, mit denen jeder Einzelne beginnen kann, nach und nach. Ganz wichtig finden wir Regionalität aber auch saisonal zu konsumieren.
Ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie unser Essen auf den Teller kommt. Die Zusammenhänge sehen von Massenproduktionen, Tierwohl, Einsatz von fragwürdigen und gefährlichen Substanzen sowohl in der Futtermittelproduktion auf dem Feld, als auch auch bei der Aufzucht der Tiere. Und letztendlich stören sich viele Bioliebhaber an den plastikverpackten Lebensmitteln. Das ist auch für uns einfach ein Widerspruch in sich.
Von politischer Seite müsste Plastik einfach sehr viel teurer sein und auch die Entsorgung sollte die Industrie übernehmen und nicht auf den Bürger umgelegt werden. Wer den Müll produziert, muss sich auch um die Entsorgung kümmern.

GPE: Auf Eurer Webseite bezieht Ihr Euch auf die „5 Rs“ der Bestsellerautorin Bea Johnson. [Mehr zur Autorin im nachfolgenden Video] Was hat es mit diesen 5 Rs auf sich? Kannst Du uns diese kurz erläutern?

Christian: Refuse = ablehnen: einfach mal auf die Plastiktüte verzichten und Korb oder Beutel zum Einkauf mitnehmen. Werbematerial abbestellen usw.
Reduce = verringern: nur das besitzen, was man wirklich benötigt
Reuse = wiederverwenden: Mehrwegprodukte verwenden, kaputtes reparieren anstatt zu entsorgen
Recycle = Müll trennen
Rot = kompostieren
Mit diesen einfachen Mitteln schafft man einen Kreislauf & keine Ressourcen werden verschwendet.

GPE: Ihr belasst es nicht bloß bei dem Verkauf von plastikfreien Gemischtwaren, Ihr versteht Euch viel mehr als Ort zum Verweilen und zum Austausch. Wie können wir uns das konkret vorstellen?

Christian: Bei uns tauschen sich Kunden mit Kunden, aber natürlich auch die Kunden mit uns aus. Das Weitergeben von Erfahrungen und Tips einfach im Gespräch oder bei einer Tasse Kaffee gibt es bei uns täglich. Auch wir lernen immer wieder etwas Neues.

GPE: Gibt es so etwas wie den „typischen Unverpackt Kunden“? Wie würdet Ihr diesen bei Euch beschreiben?

Mittwochs ist Studententag (Foto: nimm´s lose)

Christian: Unsere Kunden kann man nicht an Alter oder Geschlecht festmachen. Unser Klientel reicht von Schülern und Studenten über Familien, bis hin zu Singles und auch der „Generation Großeltern“. Die jungen Menschen sprechen wir an, weil es immer mehr Thema in der Schule ist und Ihnen die Umwelt sehr wichtig ist. Die Familien, weil sie eben eine Familie sind und nur das Beste für Ihre Kinder möchten. Und Singles und Großeltern sind sehr dankbar darüber, dass sie auch kleine Portionen bei uns bekommen. Außerdem kennen die Älteren es schon von früher, als sie noch in den Tante-Emma-Laden gegangen sind. Es ist also einfach eine Sache der Einstellung.

GPE: Zugegeben, ein Jahr ist noch keine allzu lange Zeit. Dennoch… Müsstet Ihr Bilanz ziehen, wie würde diese ausfallen? Würdet Ihr – mit der Erfahrung aus dem vergangenen Jahr – den selben Schritt wieder tun?

Christian: Allein schon aus dem Grund, dass uns das Thema so wichtig ist, würden wir es jederzeit wieder machen.

GPE: Was uns natürlich sehr freut, ist, dass wir quasi von Anfang an als Stromanbieter dabei sind. Warum habt Ihr Euch für Greenpeace Energy entschieden?

Christian: Privat war und ist es uns schon immer wichtig, das Richtige zu machen.
Große Energieversorger sind unserer Meinung nach nicht ganz ehrlich mit ihren Kunden. Mit Ökostrom Atomkraftwerke oder Kohlekraftwerke zu finanzieren, ist nicht der richtige Weg.
Die logische Schlussfolgerung war natürlich für nimm’s lose, auch das Richtige zu machen.

Wir haben jetzt schon Hunger: Urgetreide Salat mit „bayerischem Reis“ (Foto: nimm´s lose)

GPE: Christian, Du scheinst nicht nur ein Faible für das Fotografieren zu haben, Du kochst offensichtlich auch gerne. Zumindest vermuten wir dies, da Du auch Kochkurse an der Volkshochschule Rosenheim anbietest. Unter dem Titel „Verpackungsfrei Kochen“ wird vegetarisch und vegan gekocht und en passant der müllfreie Alltag ergründet, heißt es im Internet. Vielleicht hast Du zum Schluss noch ein tolles Rezept für uns?

Christian: Ja, Kochen ist eine kleine Leidenschaft von mir, etwas zu zaubern mit dem was da ist.
Ein Gericht was immer sehr gut ankommt, ist der Urgetreide Salat mit „bayerischen Reis“ [Rezept in der Infobox]. Es ist nicht unser Rezept, Julia von Chiemgaukorn hat diesen wunderbaren Salat zusammengestellt, mega lecker als Beilage zum Grillen.

GPE: Vielen lieben Dank für Deine Zeit und Euer Engagement – und das leckere Rezept natürlich!

Info: Mehr Informationen zu nimm´s lose finden Sie auf ihrer Webseite unter www.nimmslose.bio. Rosenheim ist für Sie nicht mal eben um die Ecke? Wo Sie außerhalb von Rosenheim ebenfalls unverpackt einkaufen können, lesen Sie HIER nach. Und wenn Sie neugierig auf den Urgetreide Salat geworden sind, finden Sie hier das Rezept zum Nachkochen: Urgetreide Salat mit „bayrischem Reis“ Wir wünschen gutes Gelingen und guten Appetit!

Matthias Hessenauer
Matthias Hessenauer
Der Medienkaufmann und studierte Marketing-Kommunikations-Ökonom ist seit 2008 bei Green Planet Energy tätig. Nach seinem Quereinstieg in den Privatkundenservice und weiteren acht Jahren im Marketing, verantwortet er seit 2019 den Bereich Kooperationen bei Green Planet Energy.